Die virtuelle Stadtbahn für Nürnberg

xDie Fahrzeuge für die virtuelle Stadtbahn in Nürnberg und Fürth

Für die virtuelle Stadtbahn in Nürnberg und Fürth wird das "Hochflur-Konzept" aus dem Ruhrgebiet, Hannover, Frankfurt/Main und Stuttgart verfolgt, weil es zum Zeitpunkt der Systementscheidung (1965) noch keine Niederflur-Straßenbahnen wie den Nürnberger GT8N gab. Der Fußboden der damaligen Fahrzeuge lag mindestens 90 cm über dem Erdboden: Entweder musste man entsprechend hohe Bahnsteige für einen stufenlosen Einstieg bauen oder Klapptrittstufen ausfahren, um von den damals üblichen Bordsteinkanten aus einsteigen zu können.

 

xDie Ausgangslage in Nürnberg und Fürth

Im vorliegenden Konzept wird davon ausgegangen, dass als erster Bauabschnitt – wie in der Realität – 1970 die 1,4 km lange Hochbahnstrecke an der Stadtgrenze Nürnberg - Fürth eröffnet worden wäre. Die beiden daran liegenden Stationen hätten – auch wie in der Realität - zunächst niedrige Seitenbahnsteige bekommen, damit die damals in Nürnberg und Fürth üblichen 2,30 m breiten Straßenbahnen dort halten können.

Erst 1972 hätten die 7 neuen Stationen an der Neubaustrecke nach Langwasser Handlungsbedarf erzeugt: Für schnelles und bequemes Ein- und Aussteigen bekommen sie Hochbahnsteige (wie bei der U-Bahn), an denen die vorhandenen Straßenbahnen nicht halten können. Man braucht daher neue Fahrzeuge, die sowohl an den neuen Hochbahnsteigen als auch an den niedrigen Straßenbahnstationen nördlich der Bauernfeindstraße halten können.

Ein wichtiger Nebenaspekt ist, dass die neuen Fahrzeuge die letzten zweiachsigen Trieb- und Beiwagen ersetzen, die 1972 noch in Nürnberg und Fürth eingesetzt wurden. Auf den Straßenbahnlinien 12, 24 und 26 fuhren in der Hauptverkehrszeit noch 26 Züge der Baureihe 100, die in den Nachkriegsjahren gebaut worden waren und nicht mehr den Komfortansprüchen entsprachen. Zudem waren sie sehr personalaufwändig, da jeder Zug neben dem Fahrer auch noch je einen Schaffner im Trieb- und Beiwagen benötigte.

 

Loher Moos 1994

Die 6-achsigen Großraum-Straßenbahnwagen wa- ren 1970 die modernsten Fahrzeuge in Nürnberg und Fürth. Ihr Fußboden lag 88,5 cm über dem Erdboden, und die Fahrgäste mussten beim Ein- und Aussteigen drei Stufen hoch- oder hinuntergehen. (Ziegelstein 1994)

xDer „Mischwagen S“

Jörg Schäfer bezeichnet die neuen Fahrzeuge, die ab 1972 für die virtuelle Stadtbahn benötigt werden als „Mischwagen S“, da sie sowohl Eigenschaften der bis dahin gewohnten Straßenbahn als auch der ab 1982 geplanten Stadtbahn besitzen. Das „S“ steht für „schmal“, denn die Wagen sind nur 2,30 bis 2,35 m breit, damit sie auf vorhandenen Strecken nicht mit entgegen kommenden Straßenbahnen zusammenzustoßen.

Nürnberg und Fürth hätten 85 „Mischwagen S“ benötigt, da abzusehen war, dass ab 1982 nur noch die breiteren „Stadtbahnwagen B“ beschafft würden. Um Entwicklungskosten zu sparen hätte man sicher einen Partnerbetrieb mit ähnlicher Ausgangslage gesucht und nur etwa 250 km nordwestlich in Frankfurt am Main gefunden:

Auch die Mainmetropole folgte in den 1960er Jahren dem Trend der Zeit, die Straßenbahn in der Innenstadt in Tunnelröhren zu verlegen. Im Oktober 1968 wurde der erste, als A-Strecke bezeichnete Tunnel zwischen Hauptwache und Miquel-/Adickesallee eröffnet und noch mit konventionellen Straßenbahnen befahren. Auf der B-Strecke sollten aber die unterirdischen Stationen Theaterplatz, Römer und Konstablerwache gleich mit Hochbahnsteigen gebaut werden. Daher beschloss 1969 die Stadt Frankfurt 100 neue Triebwagen mit folgenden Kenndaten zu beschaffen:

- Maximale Breite 2,35 Meter für freizügigen Einsatz im Straßenbahnnetz.
- Zweirichtungsausführung, damit die Züge in künftigen Tunnelendstationen die Fahrtrichtung am Bahnsteig wechseln können.
- Schwenkstufen an den Türen, um den Fahrgastwechsel ebenerdig an Hochbahn-steigen oder über Stufen an Tiefbahnsteigen zu ermöglichen.
- Mehrfachtraktion, damit ein Fahrer 2 oder 3 zusammen gekuppelte Triebwagen vom Führerstand des ersten Triebwagens aus steuern kann.

Den Auftrag mit der Typenbe­zeichnung „P“ erhielt für den wagenbaulichen Teil die DÜWAG in Düsseldorf, die seit 1955 alle Straßenbahnfahrzeuge für Frankfurt geliefert hatte. Siemens zeichnete für den elektrischen Teil verantwortlich.

Das dreiteilige Fahrzeug hat vier Drehgestelle mit 8 Achsen: In den beiden äußeren Drehgestellen ist je ein längs liegender Fahr­motor von 120 Kilowatt Leistung ein-gebaut. Auf den beiden unmotorisierten Jakobsdrehgestellen in der Fahrzeugmitte stützen sich die Gelenke des Wagenkastens ab.

Auf jeder Wagenseite befinden sich 4 Türen. Wegen der Verjüngung des Wagen-kastens an den Fahrzeugenden konnten neben den Fahrerkabinen nur einfache Falttüren eingebaut werden. Die beiden mittleren Türen sind hingegen doppelt breit und ermöglichen einen rascheren Fahrgastwechsel an den Haltestellen.
 

P-Wagen Frankfurt 2007

Technische Daten des „Typs P“ in Frankfurt am Main

Bauart: 8-achsig (Achsfolge B'2'2'B) für Zweirichtungs-verkehr mit Schaltwerkssteuerung und Elektronik
Spurweite: 1.435 mm, Raddurchmesser: 670 mm
Drehgestelle: Monomotor-Drehgestelle mit DÜWAG-Achsantrieb, Gummirollen- und Megi-Achsfederung
Motorleistung: 2x120 kW=240 kW/h, 600V Gleichstrom
Höchstgeschwindigkeit: 70 km/h
Wagenlänge über Kupplung: 28.720 mm
Wagenbreite: 2.350 mm     
Wagenhöhe über Dachblech: 3.260 mm
Fußbodenhöhe: 960 mm
Klapptrittstufenhöhe: 400/294/266 mm
Leergewicht: ca. 34.500 kg
62 Sitzplätze und 108 Stehplätze bei 0,25 qm/Person
Kleinster Kurvenradius: 18 m (im Fahrbetrieb)

Die Frontpartie ist im Geschmack der damaligen Zeit in klaren, eckigen ­Formen gehalten. Die Fahrerkabinen bestehen aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Sie sind mit dem Wagenkasten verschraubt und können im Falle einer Deformation oder Zerstörung leicht ausgewechselt werden.

 

xAuslieferung von 85 "Mischwagen S" zwischen 1972 und 1974

Der erste P-Wagen wurde am 11.2.72 nach Frankfurt geliefert. Die erste Serie umfasste 67 Fahrzeuge und wurde bis 1973 im Wochenrhythmus fertig gestellt. Es wäre sicher (wie bei den von 1961 bis 1966 letzten für Nürnberg gebauten Straßenbahnwagen) möglich gewesen, Teile der Produktion nach Nürnberg zur Firma MAN zu verlegen und dadurch bis zum 1.3.72 genügend Fahrzeuge für die Betriebsaufnahme nach Langwasser herzustellen.

Bis 1974 hätte die virtuelle Stadtbahn in Nürnberg und Fürth (inclusive Betriebsreserve) 85 von Jörg Schäfer als „Mischwagen S“ bezeichnete Triebwagen für den Einsatz auf den Linien 1, 2, 11 und 12 gebraucht. Die vier folgenden Netzausweitungen hätten nur diese Linien betroffen, so dass man keine neuen Fahrzeuge benötigt hätte.

 

xAuslieferung von 205 "Stadtbahnwagen B" zwischen 1982 und 2015

Erst 1982 hätte sich durch die Eröffnung des unterirdischen Streckenabschnitts Plärrer - Hohe Marter wieder Handlungsbedarf bei den Fahrzeugen ergeben, da nun auch die Linien 3 und 4 an Hochbahnsteigen halten müssen. Die Gesamtsituation erlaubt es, auf ihnen gleich breitere und komfortablere „echte“ Stadtbahnwagen einzusetzen.

Das von Jörg Schäfer favorisierte Fahrzeug basiert auf dem „Stadtbahnwagen B“, von dem zwischen 1973 und 1999 insgesamt 470 Stück für verschiedene Stadtbahn-Netze in Nordrhein-Westfalen gebaut wurden. 163 ähnliche Fahrzeuge wurden zudem von 1976 bis 1998 nach Frankfurt am Main geliefert.

Die ersten Bauserien für Nürnberg hätten 1982 = 35, 1983 = 5 und 1985 = 40 B-Wagen umfasst. 1988 hätten die letzten Straßenbahnwagen abgestellt und auf den Schienen in Nürnberg und Fürth nur noch Neubaufahrzeuge eingesetzt werden können (nämlich 110 „Stadtbahnwagen B“ und 85 „Mischwagen S“).

Die virtuelle Zeitachse sieht vor, dass im Jahr 2003 der 19.Bauabschnitt mit den Stationen Sündersbühl und Von-der-Tann-Str. eröffnet wird. Dadurch kann die Stadtbahnlinie 2 als letztes auf die breiten B-Wagen umgestellt werden. Fahrzeuge umgestellt. Deren Bestand wächst auf 155 Triebwagen,wofür die ersten, inzwischen fast 30 Jahre alten schmalen „Mischwagen S“ ausgemustert werden können.

In den letzten 10 Jahren des hier betrachteten Zeitraums werden immer wieder kleinere Serien von neuen B-Wagen für die Streckenverlängerungen nach Schniegling, Gebersdorf und Kornburg benötigt. 2015 besäße die virtuelle Stadtbahn in Nürnberg und Fürth 205 „Stadtbahnwagen B“ und müsste beginnen, die erste Lieferserie aus dem Jahr 1982 durch Neufahrzeuge zu ersetzen.

 

Fotomontage: Zug der Linie 4 nach Eibach

Technische Daten des "Stadtbahnwagen B" für die virtuelle Stadtbahn in Nürnberg und Fürth (VSN):

Bauart: 6-achsig (Achsfolge B'2'B) für Zweirichtungs-verkehr mit Schaltwerkssteuerung und Elektronik
Spurweite: 1.435 mm, Raddurchmesser: 670 mm
Höchstgeschwindigkeit: 90 km/h
Wagenlänge über Kupplung: 28.800 mm
Wagenbreite: 2.650 mm     
Fußbodenhöhe: 870 mm
64 Sitzplätze und 145 Stehplätze bei 0,25 qm/Person
Kleinster Kurvenradius: 35 m (im Fahrbetrieb)

 

2-Schienen-Gleis:Skizze 2-Schienen-Gleis

 

Der Parallelbetrieb von „Mischwagen S“ und „Stadtbahnwagen B“

Mit den Stadtbahnwagen B wäre 1982 ein Problem nach Nürnberg und Fürth gekommen, das deutschlandweit viele Stadtbahnbetriebe beschäftigte und auf unterschiedliche Weise gelöst wurde:

Wie können 2,35 m schmale „Mischwagen S “ und 2,65 m breite „Stadtbahnwagen B “ am gleichen Hochbahn-steig halten, ohne die Gesundheit der Fahrgäste zu gefährden? Schließlich entsteht bei den schmaleren Wagen ohne Anpassungen ein 20 cm breiter Spalt zwischen Fahrzeug und Bahnsteigkante, in die unachtsame Fahrgäste mit dem Fuß abrutschen könnten.

An den viergleisigen U-Bahnhöfen Plärrer, Weißer Turm, Lorenzkirche und Hauptbahnhof der virtuellen Stadtbahn kann man relativ einfach je eine Bahnsteigkante pro Richtung den „Mischwagen S“ und den „Stadtbahnwagen B“ fest zuordnen. An den übrigen (je nach Ausbauzustand zwischen 20 und 30) Stationen schweben Jörg Schäfer 4-Schienen-Gleise vor, bei denen jeweils 15 cm rechts von den vorhandenen Gleisen für die S-Wagen zwei zusätzliche Gleise für die B-Wagen auf den Schwellen befestigt werden. Die S-Wagen fahren dadurch in Fahrtrichtung 15 cm weiter links als die B-Wagen und beide haben den gleichen Abstand zur Bahnsteigkante.

4-Schienen-Gleis:Skizze 4-Schienen-Gleis

 

Natürlich verursachen die 4-Schienen-Abschnitte höhere Kosten, daher wird wird man bei der Gestaltung des Liniennetzes darauf achten, dass möglichst selten S- und B-Wagen an den gleichen Stationen halten.

Aufwändig sind vor allem die Weichen, die für alle Gleisver-bindungen in doppelter Anzahl erforderlich werden. Daher werden die S- und B-Gleise auch nicht für jeden einzelnen Bahnsteig getrennt und wieder zusammen geführt, sondern teilweise bis zur nächsten Station durchgebunden.

Nach 21 Jahren verschwindet 2003 in Nürnberg die letzte 4-Schienen-Strecke Rothenburger Str.- Plärrer – Haupt-bahnhof – Rathenauplatz - Herrnhütte, wenn die Linie 2 als letzte endlich mit breiteren „Stadtbahnwagen B“ befahren werden kann. 

 

4-Schienen-Gleis in Muelheim4-Schienen-Gleis in Mülheim an der Ruhr

xDie Niederflur-Straßenbahn ab 1998

Auch wenn der Entschluss 1965 gegen die U-Bahn und für die Stadtbahn gefallen wäre hätte man dabei sicher geplant, langfristig nur noch ein Schienensystem zu betreiben. Dementsprechend wären nach und nach Straßenbahn- durch Stadtbahnlinien ersetzt worden. Und wie in der Realität wäre wahrscheinlich in den 1990er Jahren nach der serienreifen Entwicklung von Niederflur-Straßenbahnen ein Umdenken erfolgt:

Die Linien 6 und 9 fahren auf eigenem Gleiskörper am Rand der Innenstadt entlang und treffen nur an den Stationen Christuskirche und Finkenbrunn auf andere Stadtbahn-Linien. Seit 1988 werden "Mischwagen S" eingesetzt, die ab der Jahrtausendwende aus Altersgründen abgelöst werden sollen: Warum auch dafür neue Hochflur-Fahrzeuge anschaffen, was den Ausbau der 39 Stationen der Linien 6 und 9 verteuert? Man hätte sich sehr wahrscheinlich lieber für die Neuanschaffung von 40 Niederflur-Straßenbahnen entschieden.

 

Linie 6 am AufseßplatzAm Aufseßplatz sähe es bei der virtuell.Stadtbahn wie in der Realität aus: Niederflur-Straßenbahnen fahren auf der Ober-fläche in Ost-West-Richtung und werden unterirdisch von einer Linie Hauptbahnhof - Frankenstr. gekreuzt. (10.10.09)

 

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